Bei einer Krisensitzung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in Berlin warnten 800 niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten am vergangenen Freitag vor einem drohenden Kollaps der ambulanten Gesundheitsversorgung. Dabei wurden Vorwürfe gegen Gesundheitsminister Lauterbach laut.
Man fordert mehr Geld von den Krankenkassen und eine stärkere politische Unterstützung.
Insbesondere steigende Praxis-, Personal-, Energie- und Investitionskosten der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte und Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten führten zu einem drohenden Kollaps der ambulanten Versorgung. Diese ist gegenüber dem stationären Bereich massiv unterfinanziert, sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Andreas Gassen. So werden beispielsweise identische Eingriffe des ambulanten Operierens im Krankenhaus von den Kassen besser vergütet, als für die niedergelassenen Ärzte.
Eine Gegenfinanzierung der gestiegenen Kosten sei aufgrund der Budgetierung kaum mehr möglich. Mehrarbeit, also Wegfall von Freizeit, führt nicht automatisch zu entsprechenden Mehreinnahmen, anders als beispielsweise in Handwerksberufen. Man unterliegt hier den Nachteilen einer Planwirtschaft, ohne jedoch von den Vorteilen einer Marktwirtschaft profitieren zu können.
Nicht nur eine „adäquate“ Bezahlung und eine Aufhebung der patientenfeindlichen Budgetierungen wurden angesprochen, sondern auch eine „disfunktionale“ Digitalisierung in den Praxen, die den Fortschritt nicht erleichtere, sondern behindere. Kritik gab es hier konkret an der geplanten Einführung der E-Rezepte. Das System, das zum Jahreswechsel eingeführt werden soll, ist alles andere als ausgereift und praxistauglich. Praxen, die sich der Einführung widersetzen, drohen allerdings Sanktionen. Auch erschwere Bürokratie die Arbeit der Ärztinnen und Ärzte und erhöhe den Arbeitsaufwand massiv. Bis zu 60 Tage Arbeitsaufwand im Jahr kämen alleine für Verwaltung und bürokratische Verfahren zusammen, je nach Fachgebiet und Größe der Praxis.
Auch der Personal- und Nachwuchsmangel sei ein großes Problem. So würde die eigene Praxis gegenüber einer Festanstellung im Krankenhaus immer unattraktiver für junge Nachwuchsärzte. Andere Länder, beispielsweise in Skandinavien, bieten zwar nicht unbedingt eine bessere Bezahlung, aber weitaus geregeltere und familienfreundlichere Arbeitsbedingungen. Dies kann in der heutigen Zeit durchaus eine Entscheidung gegen eine Praxistätigkeit bedeuten.
Die Politik, insbesondere Gesundheitsminister Karl Lauterbach wurde aufgefordert Stellung zu beziehen und die in den letzten Jahren getätigten Versprechungen einzuhalten.